Aufklärung über häufige Missverständnisse im Zusammenhang mit § 184b StGB – Besitz und Verbreitung kinderpornographischer Inhalte

Der Besitz und die Verbreitung kinderpornographischer Inhalte (§ 184b StGB) sind schwere Straftaten – gleichzeitig kursieren viele Missverständnisse über die Rechtslage, die strafrechtlichen Folgen und die Möglichkeiten einer Verteidigung. Dieser Artikel klärt auf, räumt mit Irrtümern auf und gibt fundierte Informationen aus der Perspektive eines spezialisierten Strafverteidigers. Rechtsanwalt Clemens Louis ist seit 2005 Experte im Bundesgebiet für die Verteidigung von § 184b StGB. Aus der täglichen Arbeit mit Mandanten lassen sich Mythen, Missverständnisse und Fehlerquellen ableiten, welche ich hier diskutiere. 

Was regelt § 184b StGB?

§ 184b des Strafgesetzbuchs (StGB) stellt die Verbreitung, den Erwerb und den Besitz kinderpornographischer Inhalte unter Strafe. Nach dem Gesetz liegt Kinderpornografie insbesondere dann vor, wenn sexuelle Handlungen an, mit oder vor Kindern unter 14 Jahren dargestellt werden.

Strafrahmen

  • Besitz (§ 184b Abs. 3 StGB): Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.
  • Verbreitung oder Erwerb (§ 184b Abs. 1 StGB): Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

Um ein Missverständnis vorab zu klären: Auch wenn der Gesetzgeber Freiheitsstrafen als Rechtsfolge im Strafgesetzbuch normiert hat, bedeutet dies nicht, dass Sie in Haft müssen. Seite 2005 sind 98 % der Mandanten, die ich als Ersttäter verteidigt habe, nicht ins Gefängnis gegangen. Ich schließe regelmäßig Verfahren außergerichtlich ab und das mit Einstellungen, Geldstrafe (eine Umwandlung einer kurzen Freiheitsstrafe in eine Geldstrafe ist möglich) und Bewährungsstrafen ab.

Sie sollten sich in Ihrem Verfahren somit nur auf einen Experten bei der Verteidigung hinterlassen und nicht mit der Angst leben, dass Sie eine Gefängnisstrafe erhalten.

Häufige Missverständnisse – und was wirklich gilt

„Ich habe die Dateien nur einmal angeschaut – das ist doch kein Besitz.“

Falsch. Wer ein kinderpornographisches Bild oder Video auf seinem Gerät öffnet, kann allein dadurch bereits Besitz daran begründen – vor allem, wenn die Datei im temporären Speicher oder Cache verbleibt. Eine bewusste Speicherung ist nicht erforderlich.

Tipp vom Verteidiger: Bei einer Hausdurchsuchung wird regelmäßig auch der Cache forensisch ausgewertet. Dateien die lediglich im passiven Speicher gefunden wurden, lassen sich durch mich jedoch gut im Rahmen eines DV – Auswertungsberichtes angreifen und lassen bezüglich der Frage des Vorsatzes sich im Einzelfall eliminieren. 

„Ich wusste nicht, dass es sich um Kinder handelt.“

Unvollständig. Zwar setzt die Strafbarkeit Vorsatz voraus – das bedeutet, man muss zumindest billigend in Kauf genommen haben, dass es sich um Darstellungen von Kindern handelt. Allerdings genügt schon bedingter Vorsatz.

Beispiel: Wer bewusst einschlägige Begriffe bei Google, in Tauschbörsen oder auf Pornoseiten sucht, kann sich nicht darauf berufen, überrascht gewesen zu sein. Jedoch stelle ich im Einzelfall jede Datei auf den Prüfstand. In der Praxis erlebe ich es häufig, dass Dateien im Sinne von § 184b und § 184c StGB falsch zugeordnet werden. Der Teen ist dann nicht minderjährig oder es handelt sich bei der Bilddatei oder Videodatei gerade nicht um ein Kind, also eine Person und 14 Jahre alt. Als Experte arbeite ich im Detail und überlasse nicht der Polizei oder Staatsanwaltschaft die abschließende Bewertung des Alters der abgebildeten Person, da dies in der Praxis ansonsten zu Fehlurteilen und Falschbewertungen kommen kann. 

„Ich habe nur einen Link weitergeleitet – nicht die Datei selbst.“

Irrtum. Schon das Weiterleiten eines Links kann unter Umständen als Verbreitung gewertet werden, wenn dadurch anderen der Zugriff auf kinderpornographische Inhalte ermöglicht wird. Das gilt auch für Messenger-Dienste wie WhatsApp oder Telegram.

Als Experte muss hier aber im Einzelfall untersucht werden, ob Ihnen auch bekannt ist, was sich hinter dem Link verbirgt, mithin Sie nur verantwortlich im strafrechtlichen Sinne sind, wenn Ihnen auch bewusst ist, dass Dateien im Sinne von § 184b StGB durch den Link Dritten zugänglich gemacht werden. 

„Die Dateien waren Teil eines größeren Datenpakets – ich habe sie nicht bemerkt.“

Komplex. In Fällen, in denen jemand etwa ein ganzes Zip-Archiv herunterlädt oder Torrents nutzt, ohne die Inhalte einzeln zu prüfen, kommt es auf den Einzelfall an. Die Rechtsprechung prüft, ob der Betroffene hätte erkennen können, was er herunterlädt.

Achtung: Wer sehenden Auges eine große Sammlung lädt, in der erfahrungsgemäß Kinderpornografie enthalten ist, handelt möglicherweise fahrlässig oder bedingt vorsätzlich – mit gravierenden strafrechtlichen Folgen. In der Praxis wird man aber hier mir einer guten Argumentation die Arbeitshypothese der Polizei und Staatsanwaltschaft infiltrieren können. Hier zeigt sich genau, ob der Strafverteidiger das erforderliche IT – Wissen besitzt, um gewinnbringend im Rahmen einer Verteidigerschrift oder vor Gericht in einer Verhandlung argumentieren kann. Hiervon hängt sodann in der Praxis ein Freispruch oder eine Einstellung des Verfahrens ab. Überlassen Sie bei der Wahl des Verteidigers nichts dem Zufall, sondern lassen Sie sich nur durch einen Experten mit langjähriger Erfahrung vertreten. 

„Ich habe die Dateien sofort gelöscht – das ist doch kein Besitz.“

Trügerisch. Auch gelöschte Dateien sind oft noch über Wiederherstellungsprogramme oder forensische Software auffindbar. Wer die Datei auch nur kurzzeitig gespeichert hatte, kann sich bereits strafbar gemacht haben.

Die Staatsanwaltschaft muss Ihnen aber auch nachweisen, dass Sie einen dauerhaften Besitzwillen hatten. Wer also eine Datei zugesendet bekommen hat und eine Besitzabkehr schafft bzw. Dateien im Sinne von § 184b StGB löscht, dann besteht für mich als Verteidiger Spielraum, Ihr Verfahren mit einer Einstellung oder einem Freispruch zu konfrontieren. Das ist in der Praxis häufig anzutreffen und ist Alltagsgeschäft in meiner Strafverteidigerkanzlei. 

Welche Folgen hat ein Ermittlungsverfahren nach § 184b StGB?

Hausdurchsuchung
Ermittlungen wegen § 184b StGB beginnen fast immer mit einer unangekündigten Hausdurchsuchung. Dabei werden Computer, Handys, Festplatten und USB-Sticks sichergestellt – teilweise auch Daten in der Cloud.

Beschlagnahmung und Auswertung
Die Auswertung kann Monate dauern. Viele Betroffene wissen in dieser Zeit nicht, was auf sie zukommt. Eine frühzeitige anwaltliche Vertretung ist daher entscheidend, um Einfluss auf den Verlauf des Verfahrens zu nehmen.

Meldepflicht gegenüber dem Arbeitgeber
In bestimmten Berufen – etwa Lehrer, Erzieher, Beamte – kann schon das Ermittlungsverfahren berufliche Konsequenzen haben. Nicht jeder Arbeitgeber darf informiert werden, aber in speziellen Fällen besteht eine Meldepflicht der Behörden.

Was können Betroffene tun?

1Aussage verweigern
Nach einer Hausdurchsuchung gilt: Keine Aussage ohne Anwalt! Viele Beschuldigte belasten sich selbst durch vorschnelle Aussagen, obwohl sie zur Mitwirkung nicht verpflichtet sind.

Akteneinsicht beantragen
Nur ein Strafverteidiger kann vollständige Akteneinsicht beantragen – und so prüfen, ob der Vorwurf berechtigt ist und welche Verteidigungsstrategie erfolgversprechend ist.

Frühzeitig einen spezialisierten Anwalt beauftragen
Je früher ein auf § 184b StGB spezialisierter Strafverteidiger eingeschaltet wird, desto größer ist die Chance auf eine Einstellung des Verfahrens – etwa wegen geringer Schuld oder fehlendem Nachweis des Vorsatzes.

Missverständnisse vermeiden – frühzeitig verteidigen

Die Strafvorschrift des § 184b StGB ist komplex – und die Folgen eines Ermittlungsverfahrens oft gravierend. Wer glaubt, „nur mal reingeschaut“ oder „nichts gespeichert“ zu haben, irrt häufig. Eine gute Verteidigung beginnt mit einer fundierten Aufklärung und frühzeitigen anwaltlichen Begleitung.