Besitz kinderpornographischer Inhalte gem. § 184b StGB

Das Ziel der Auswertung der von der Polizei bei der Hausdurchsuchung sichergestellten / beschlagnahmten elektronischen Speichermedien ist es regelmäßig, auf den Geräten strafbare Inhalte in Form von Kinderpornographie festzustellen.

Werden auf den Speichermedien kinderpornographische Daten aufgefunden, stellt sich die Frage, ob dies zugleich eine Strafbarkeit wegen Besitzes kinderpornographischer Inhalte im Sinne von § 184 Abs. 3 Fall 2 StGB begründet. 

Diese Frage ist unzweifelhaft dann zu bejahen, wenn die Daten sich vollständig und jederzeit abrufbar auf dem Gerät befinden und der Gerätebenutzer dies auch weiß. 

In vielen Fällen sind aber die Daten entweder nicht ohne Weiteres für den Gerätebenutzer abrufbar. Das kann an einer bewussten Löschung durch den Nutzer liegen, die allerdings noch Datenrückstände auf dem Speichermedium hinterlässt. Auch ein Transfer von Daten von einem Speichermedium auf ein anderes kann zum Verlust der Originaldatei auf dem ersten Speichermedium führen.

Im Zuge der Auswertung werden dann häufig sogenannte Vorschaubilder (sog. Thumbnails) durch die Polizei wiederhergestellt. Man erkennt dies auch an Dateien mit der Bezeichnung „thumbs.db“. Hier ist nur noch ein kleines Abbild der Originaldatei feststellbar, die automatisch bei dessen erstmaliger Speicherung erzeugt wird und beim Löschen der Originaldatei ohne zusätzliche Hilfsprogramme noch auf dem Gerätespeicher verbleibt.

Wann begründe ich juristisch einen Besitz (elektronischer) kinderpornographischer Inhalte im Sinne des § 184b StGB?

Rechtlich ist der Besitz von Daten an zwei Voraussetzungen geknüpft.

Erstens muss der Nutzer über die jeweilige Datei tatsächlich verfügen können (objektives Moment). Die Datei muss sich also im Zugriffsbereich einer Person befinden und diese Person muss zumindest die Möglichkeit haben, darauf zuzugreifen. 

Zweitens muss der Nutzer auch wissen, dass die in Rede stehende Datei sich auf seinem Medium befindet (subjektives Moment).

Nur wenn diese Voraussetzungen zu irgendeinem Zeitpunkt gleichzeitig vorliegen, liegt ein Besitz im Rechtssinne vor. 

Der einmal begründete Besitz kann allerdings auch wieder entfallen. Anders als beim Eigentum an Sachen erfordert die Besitzaufgabe nicht einen nach außen sichtbarem Akt wie eine Übergabe einer Sache an einem anderen zum Zwecke der Eigentumsübertragung. Ausreichend ist bereits, wenn eines der beiden Elemente, die den Besitz erst begründet haben (objektives oder subjektives Moment) nachträglich wegfallen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn die Datei nicht mehr gespeichert ist oder wenn der Nutzer des Speichermediums dies zumindest glaubt. 

Ausgehend von diesen rechtlichen Anknüpfungspunkten entwickeln wir eine Verteidigungsstrategie. Je nach Lage des Falles kann dies sogar dazu führen, dass der Nutzer eines Speichermediums, der nachweislich kinderpornografische Inhalte auf seinem Gerät hat, nicht bestraft werden kann. Wir reden hierbei nicht von absoluten Ausnahmefällen, sondern dies passiert mit beständiger Regelmäßigkeit und führt häufig zu Verfahrenseinstellungen und Freisprüchen.

So liegt im oben genannten Fall, dass lediglich Miniaturdateien auf dem Gerätespeicher vorliegen, ein Besitz juristisch nicht nachweisbar vor. Denn obwohl die Datei (wenn auch stark verkleinert) vollständig auf dem Gerätespeicher vorhanden ist, kann man einem gewöhnlichen Nutzer nicht unterstellen, dass er von dieser technischen Komponente wusste. Es fehlt in diesem Fällen also am subjektiven Moment, der Kenntnis des Geräteinhabers vom Vorhandensein der maßgeblichen Datei.

Begründet ein Inhalt im Arbeits- oder Cachespeicher einen Besitz von Kinderpornographie?

Der Besitz elektronischer Dateien ist mit einer Speicherung auf permanenten Datenträgern gegeben. Neben einer Festplatte eines Computers gehört dazu auch bereits der Arbeitsspeicher bzw. Cachespeicher. 

Eine Datei gelangt in technischer Hinsicht hierhin bereits durch das Aufrufen der Datei als solche. Ein Download oder eine bewusste Speicherung ist dafür nicht erforderlich. Aus diesem Grund sind Daten im Arbeits- und Cachespeicher häufig auch dann noch vorhanden, wenn die heruntergeladene Datei nicht mehr auf dem Gerät existent ist. 

Die Besonderheit liegt aber darin, dass der Fundort der Dateien im Cachespeicher einem durchschnittlichen Computerbesitzer entweder gar nicht bekannt ist oder die Datei für den gewöhnlichen Nutzer jedenfalls nicht mehr ohne Weiteres zugänglich ist. Das hat zur Folge, dass die Strafjustiz die Einwirkungsmöglichkeit des Nutzers auf die Datei bei einer zielgerichteten Aufstellung der Verteidigung im Wege einer entsprechenden Erklärung regelmäßig nicht nachgewiesen werden kann. Ein Besitz liegt dann nicht vor und der Angeklagte wird freizusprechen sein. 

Erlischt der Besitz im Sinne des § 184b StGB durch Verschieben in den Papierkorb?

Das bloße Verschieben in den Papierkorb mit der Folge, die Verschiebung unproblematisch wieder rückgängig machen zu können, führt nicht zu einer Aufhebung des Besitzes. Der Papierkorb muss also geleert werden, um die Aufgabe des Besitzes bzw. des Besitzwillens zu belegen. 

Kann ich einfach behaupten, dass ich die kinderpornografischen Daten nicht angesehen oder überhaupt nicht bemerkt habe?

Häufig führt das Herunterladen von größeren Datenpaketen dazu, dass der Computerbenutzer nicht sämtliche Inhalte der von ihm heruntergeladenen Inhalte erfasst hat. 

Wie oben dargestellt, erfordert der Besitz von elektronischen Daten aber lediglich eine Zugriffsmöglichkeit auf den Inhalt. Dass der Benutzer die Daten tatsächlich nicht angesehen hat, ist somit für eine Strafbarkeit nicht relevant und wird regelmäßig von den Strafverfolgungsbehörden auch nicht untersucht. 

Allerdings kann der fehlende Aufruf einschlägiger Daten ein gewichtiges Indiz dafür sein, dass der Computerbenutzer tatsächlich keine Kenntnis von den inkriminierten Daten hatte. Insbesondere bei versteckten Datenstrukturen oder wenn sich eine Vielzahl von legalen Daten auf dem Gerätespeicher befinden, können einzelne oder einige wenige Dateien schnell übersehen werden. Dass Sie auf die Daten nicht zugegriffen haben, können wir durch einen Antrag auf Einholung eines entsprechenden Gutachtens im Zweifel nachweisen.

Aus der Trickkiste des Rechtsanwalts: Mein Gerät – Meine Daten? 

Oft lässt sich der Besitz der kinderpornographischen Inhalte auf dem Gerät nicht abstreiten. Aus unserer Erfahrung heraus wissen wir aber, dass die Urheberschaft der Bilder auf dem Gerät oft in Frage steht.

Häufig nutzen mehrere Personen elektronische Geräte wie PCs, Laptops und Tablets gemeinschaftlich. Die Ermittlungsbehörden stehen dann vor dem Dilemma, dass die strafbaren Daten einer bestimmten Person zugerechnet werden müssen. Dabei ist grundsätzlich zu Beweisen, wer nun für die kinderpornographischen Inhalte auf dem Gerät verantwortlich ist. Das gilt selbst dann, wenn der Mitbenutzer weiblich ist. Oft äußern Staatsanwälte und Polizeibeamte, dass das Delikt nahezu ausschließlich von Männern verwirklicht wird und diese Erklärung daher als Schutzbehauptung zu werten sei. Zwar sind die Fallzahlen weiblicher Täter tatsächlich im Vergleich zu männlichen Tätern äußerst gering. Gleichwohl muss das Gericht für eine Verurteilung die Schuld des Angeklagten ohne vernünftigen Zweifel feststellen. Je nach Umfang der Nutzung des Geräts beispielsweise durch den Lebenspartner kann das Gericht diesen von der versierten Verteidigung aufgeworfene Erklärungsansatz aber nicht widerlegen – selbst wenn der Erklärungsansatz nicht typisch und ungewöhnlich erscheint.