Die Strafbarkeit des Besitzes und der Verbreitung von Posingbildern

Das rechtliche Verständnis des in § 184b StGB niedergelegten Begriffs der „Kinderpornographie“, hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten, ausgelöst durch die Diskussion um die Strafbarkeit sog. Posingbilder, die Kinder in besonders aufreizenden, sexualisierenden Haltungen zeigen, erheblich gewandelt. 

Erst durch die zum 27.01.2015 in Kraft getretene, heute im wesentlichen weitergeltende Fassung des § 184b StGB und durch die Einführung des § 201a Abs.3 StGB hat der Gesetzgeber den Besitz und die Verbreitung entsprechender Darstellungen nach jahrelangem hin und her nahezu umfassend unter Strafe gestellt. Die Ausfüllung des Begriffs „Posing“ ebenso wie die Herausarbeitung etwaiger strafloser Grenzbereiche hat er dabei überwiegend der Rechtsprechung überlassen.  

Bis zum 05.11.2008 galten über § 184b StGB lediglich solche Darstellungen als kinderpornographisch, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand hatten. Entsprechend dem Wortlaut der Norm, musste aus dem jeweiligen Video bzw. der jeweiligen Bilderreihe demnach hervorgehen, dass der Täter in missbräuchlicher Weise mit dem Kind interagiert hatte. Solche Abbildungen im Rahmen derer der Täter das Kind dazu bestimmte sexuelle Handlungen an sich selbst vorzunehmen waren über § 176 Abs.4 Nr.2 StGB (a.F) strafbar. Singuläre, statische, sexualisierende Aufnahmen von Kindern konnten dagegen mangels der Erkennbarkeit eines aktiven Tätigwerdens des Täters bzw. einer mit dem Kind erfolgten Interaktion, unter keine der beiden Regelungen gefasst werden. 

Insbesondere Fotografien oder Videos gänzlich entkleideter schlafender, bewusstloser, gefesselter oder anderweitig in ihrer Handlungs- und Wahrnehmungsfähigkeit eingeschränkter Kinder, die bereits faktisch nicht zu einem aktiven Tun bestimmt werden konnten, fielen in den Bereich der Straflosigkeit. Gleiches galt für Nahaufnahmen des entblößten Gesäß- oder Genitalbereichs eines Kindes (sog. anatomische Großaufnahmen), deren erforderliche Einbettung in einen Missbrauchskontext sich für die Justiz unter dem Grundsatz in dubio pro reo als nahezu unmöglich darstellte. 

Um diesen bestehenden Strafbarkeitslücken zu begegnen, wurde § 184b StGB Ende 2008 dahingehend geändert, dass als kinderpornographisch solche Darstellungen galten, die sexuelle Handlungen „von, an oder vor Kindern“ zum Gegenstand hatten und damit nicht länger eine Interaktion von Opfer und Täter erforderten. Ausreichend waren nun vielmehr die Manipulation des Täters an sich selbst vor einem Kind oder die Manipulation eines Kindes an sich selbst (bspw. durch ein Spreizen der Beine oder das zur Schau stellen des unbedeckten Geschlechtsteils) 

Auch diese Fassung des § 184b StGB hielt begrifflich an dem Erfordernis der Vornahme einer sexuellen Handlung im Sinne der Wiedergabe eines aktiven Tuns fest. Statische Darstellungen konnten nach den Wertungen des Bundesgerichtshofs vor diesem Hintergrund nur dann als Kinderpornographie eingeordnet werden, wenn sie sich hinsichtlich ihres sexuellen Gepräges als hinreichend erheblich darstellten. 

Gerade für solche in der Praxis verbreiteten Bilder von Kindern in Unterwäsche, erotischen Verkleidungen oder Reizwäsche wurde diese Erheblichkeitsschwelle nur dann als überschritten erachtet, wenn Genitalien oder Gesäß des Kindes unbedeckt blieben. Die Verbreitung und der Besitz sexuell anzüglichen Darstellungen, überwiegend bekleideter Kinder, entfiel damit dem Anwendungsbereich des § 184b StGB. Gleiches galt für Aufnahmen unbekleideter Kindern in tatsächlichen oder vermeintlichen Alltagssituationen, wie bspw. in der Badewanne oder am Strand, aus denen sich kein hinreichend eindeutiger Sexualbezug ergab. Auch für den Besitz und die Verbreitung anatomischer Großaufnahmen des kindlichen Genitalbereichs blieb eine Strafbarkeit nach § 184b StGB vor dem Hintergrund der Nichterkennbarkeit eines Tätigwerdens von, an oder vor dem Kind weiterhin umstritten. 

In Reaktion auf die 2015 bekanntgewordene Edathy-Affäre, im Rahmen derer erneut die Diskussion um die Strafbarkeit von Posingbildern laut wurde, änderte der Gesetzgeber § 184b StGB dahingehend ab, dass dieser Darstellungen nicht länger nur dann als kinderpornographisch einordnete, wenn diese die sexuelle Handlungen von, an oder vor Kindern zeigten, sondern entsprechend § 184b Abs.1 Nr.1b StGB vielmehr auch dann wenn sie ein „ganz oder teilweise unbekleidetes Kind in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung“ ablichten. Ebenfalls unter Kinderpornographie fallen gem. § 184b Abs.1 Nr.1c StGB nun die „sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes“.

Der Gesetzgeber hat sich durch diese entsprechende Erweiterung des § 184b StGB von dem zuvor geltenden, ausschließlich handlungsbezogenen Pornographiebegriff abgewendet. Erforderlich, aber zugleich ausreichend ist es nun, wenn das Kind in einer sexualisierend Haltung abgelichtet wird. 

§ 184b StGB verlangt mithin nicht länger, dass jedenfalls der Akt der Einnahme der sexuell aufreizenden Haltung, im Sinne des Vorgangs des Posing aus der Bild- oder Videoreihe hervorgeht, er erfasst vielmehr auch Einzelbilder einer bereits zuvor durch das Kind eingenommenen Pose. Gerade für Darstellungen im Rahmen derer Kinder sich bspw. aufgrund von Schlaf oder Bewusstlosigkeit gänzlich unbeteiligt zeigen besteht über die Neuerung des § 184b StGB nun ein hinreichender Straftatbestand. 

Die durch § 184b StGB in Bezug genommene „aufreizend geschlechtsbetonte Haltung eines Kindes“ ist anzunehmen, wenn dieses in einer altersuntypischen, sexualbetonten Pose gezeigt wird, die aus der Perspektive eines objektiven Betrachters entsprechend ihrem Gesamtgepräge auf die sexuelle Erregung Dritter gerichtet ist. Im Hinblick auf die Einordnung einer Abbildung als sexuell aufreizend kann es dabei insbesondere darauf ankommen, ob die Körperhaltung des Kindes für dessen Alter unangemessen sowie künstlich bzw. inszeniert wirkt und sich durch die Entblößung der primären oder sekundären Geschlechtsteile des Kindes als ungewöhnlich schambesetzt darstellt. 

Durch das Merkmal „teilweise unbekleidet“ sollen von § 184b StGB nun auch solche Darstellungen erfasst werden, bei denen Genitalien oder Gesäß des Kindes zwar bedeckt sind, dieses jedoch bspw. durch das Tragen von Reizwäsche oder sonstiger aufreizender Bekleidung in sexualisierender Weise dargestellt wird. Ab wann genau von einem teilweise unbekleidet sein auszugehen sein wird, ist durch die Rechtsprechung jedoch noch nicht abschließend geklärt. Auch hier finden sich mitunter Grenzfälle der Straflosigkeit. 

Insbesondere die zuvor angeführten Fotografien von Kindern in alltäglichen Lebenssituationen sind in Umkehrung der aufgezeigten Kriterien, ungeachtet etwaiger Nacktheit, dann als straflos einzuordnen, wenn sie als alterstypisch, angemessen und damit als natürlich einzuordnen sind. Dies gilt jedenfalls im Hinblick auf § 184b StGB auch dann, wenn derartige Alltagsdarstellungen zu missbräuchlichen Zwecken in Phädophilenkreisen verbreitet werden. Die Intention des Verwenders ist mithin so lange unbeachtlich, wie sie sich in der Darstellung als solcher nicht durch die Verwirklichung der vorgenannten Kriterien widerspiegelt. 

Zur Vermeidung einer Ausuferung des Straftatbestands des § 184b StGB müssen die Darstellungen entsprechend dem Merkmal „aufreizend“ einen zwingend sexualisierenden Charakter haben, welcher jedenfalls bei sozialadäquaten Fotografien von Kindern beim Baden oder am Strand nicht gegeben sein wird. Diesbezüglich ist letztlich jedoch die ebenso 2015 eingeführte Regelung des § 201a Abs.3 StGB zu berücksichtigen, welche das Herstellen oder Anbieten der Bildaufnahme einer minderjährigen nackten Person zu entgeltlichen Zwecken unter Strafe stellt. Die Bestimmung erfasst damit gerade die Fälle, die zwar nicht als Pornographie iSd. § 184b StGB einzustufen sind, jedoch aber zur sexuellen Erregung Dritter verbreitet und damit missbräuchlich eingesetzt werden. 

Aus dem Anwendungsbereich des § 201a Abs.3 StGB scheiden aufgrund seines eindeutigen Wortlauts letztlich nur solche Abbildungen aus, die Kinder im Alltag, wenn auch nur spärlich, bspw. mit Bademode oder Unterwäsche bekleidet zeigen. Gerade für solche Abbildungen wird es jedoch wiederum darauf ankommen, ob dem Hersteller entsprechende sexualisierende Absichten nachgewiesenen werden können, die eine Strafbarkeit nach § 184b StGB begründen würde. Die beiden Tatbestände ergänzen sich demnach jeweils gegenseitig. 

Wie bereits gezeigt, stellt sich gerade die Abgrenzung zwischen strafbarer Kinderpornographie und straflosen Kinderbildern bislang als weitestgehend offen und unbestimmt dar. Auch solche Rechtsbegriffe wie „unnatürlich geschlechtsbetonte Haltung“, „ganz oder teilweise unbekleidet“ und „sexuell aufreizend“ erscheinen ohne juristisch fundierte Kenntnisse der aktuellen Rechtsprechung im Einzelfall nur wenig greifbar. Sollte gegen Sie ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, empfiehlt sich deshalb gerade im Kontext des Sexualstrafrechts die Benachrichtigung eines hierauf spezialisierten Strafverteidigers. 

Kanzlei Louis und Michaelis ist seit 2005 spezialisiert auf die Verteidigung von Mandanten, denen Besitz und Verbreitung von Kinderpornographie vorgeworfen wird. Wir sind im gesamten Bundesgebiet tätig. Nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf, wenn Sie ein Ermittlungsverfahren oder Strafverfahren anhängig haben.
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