Kindesmissbrauch durch sexualisierende Rede nach § 176a StGB

Unter den Begriff des sexuellen Missbrauchs eines Kindes fallen nach heutigem Verständnis auch die sog. Hands-Off-Delikte, im Rahmen derer es zwischen Täter und Opfer zu keinerlei Körperkontakt kommt. 

Neben der Vornahme sexueller Handlungen vor einem Kind bspw. durch Exhibitionismus oder dem Bestimmen des Kindes zur Vornahme sexueller Handlungen an sich selbst, werden als sog. sexueller Missbrauch ohne Körperkontakt mit dem Kind über § 176a Abs.1 Nr.3 StGB auch weniger eingriffsintensive Tatmodalitäten wie das Einwirken auf ein Kind durch pornographische Inhalte oder entsprechende Reden erfasst. Diesen können beispielhaft das Betrachten von pornografischen Aufnahmen mit einem Kind ebenso wie die Ausübung verbaler sexuelle Gewalt untergeordnet werden.

Als pornographische Inhalte sind entsprechend der Bestimmung des § 11 Abs.3 StGB jegliche in Textform verkörperte, auf Ton- oder Bildträgern enthaltene oder über sonstige Datenspeicher vermittelte grob sexuelle Darstellungen zu verstehen.

Ein Einwirken mittels solcher Inhalte auf ein Kind erfordert nicht das persönliche Zusammentreffen zwischen Täter und Opfer, ausreichend ist vielmehr auch das Inkontakttreten über soziale Netzwerke und Online-Dienste. Gerade für das heutzutage vielfach diskutierte Cyber-Grooming, stellt § 176 Abs.1 Nr.3 StGB damit den maßgeblichen Tatbestand dar. 

Für entsprechende Reden oder schriftliche Darstellungen sexualisierender Äußerungen ist es zur Überschreitung der Erheblichkeitsschwelle des § 176a Abs.1 Nr.3 StGB zwingend, dass diese sich nach Art, Inhalt und Intensität als eine Verkörperung tatsächlicher, videographischer Pornographie darstellen und sich hinsichtlich der Wirkung auf die Psyche des Kindes mit dieser auf einer Stufe bewegen. 

Bloß sexualisierende Andeutungen bspw. durch die Verwendung von Begriffen wie „Ficken“ oder „Schwanz“ reichen ungeachtet ihres schamlosen Charakters nicht aus. Auch typisch vulgäre Redensarten und Ausdrücke sind so wie das Verleiten des Kindes zur eigenständigen Vornahme sexualbezogener Rede nicht tatbestandsmäßig. 

Einen hinreichenden strafwürdigen Unrechtsgehalt haben nur solche Reden des Täters inne, die für einen gewissen Zeitraum andauern und den pornographischen Inhalt entsprechend deutlich hervorheben. Ein bloß oberflächliches anzügliches Daherreden mag zwar als verwerflich zu erachten sein, es ist trotz alledem nicht strafbar.

Als pornographische Rede wurde durch die Rechtsprechung in der Vergangenheit insbesondere die vulgäre Schilderung sexueller Handlungen eingestuft. Die einmalige Äußerung eines Erwachsenen dahingehend er wolle „an die Muschi“ eines 11-jährigen Mädchens fassen, genügte den Gerichten insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes das es sich hierbei um eine altersübliche Bezeichnung der Vulva handelt dagegen nicht zu einer Verwirklichung des § 176a Abs.1 Nr.3 StGB. 

Der Täter muss, durch die dem Kind entgegengebrachten Reden oder schriftlichen Äußerungen nicht beabsichtigen, dieses zur Vornahme einer sexuellen Handlung zu bewegen, diesem drohen oder ihn sonst zu etwas zu überreden versuchen, es genügt vielmehr, wenn er mittels einer gewissen Hartnäckigkeit zur Erregung eines nicht altersgerechten sexuellen Interesses dergestalt auf die kindliche Psyche einwirkt, dass sich das Opfer in der Folge unwohl oder beschämt fühlt. Das Kind muss die Äußerungen hinsichtlich ihres Bedeutungsgehalts dabei nicht nachvollziehen, jedoch aber wahrnehmen können. Entsprechend einem Säugling gegenüber geäußerten Reden sind demnach nicht tatbestandsmäßig.

Ob eine sexualbezogene Äußerung als sexueller Missbrauch eines Kindes ohne Körperkontakt zu werten ist, bleibt im Einzelfall, insbesondere aufgrund der Weitläufigkeit der in § 176a Abs.1 Nr.3 StGB niedergelegten Begriffe der Bewertung durch die Gerichte überlassen. Hier bietet sich dem erfahrenen Strafverteidiger ein wesentlicher Anknüpfungspunkt für eine erfolgreiche Verteidigung. 

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