Altersbestimmung bei Ermittlungen wegen Besitz und Verbreitung von Kinder- und Jugendpornografie.

So funktioniert die Strafverfolgung in der Praxis

In Strafverfahren wegen Besitzes oder Verbreitung von kinderpornografischen (§ 184b StGB) oder jugendpornografischen (§ 184c StGB) Inhalten ist die altersmäßige Einordnung der abgebildeten Personen von zentraler Bedeutung. Nur wenn zweifelsfrei festgestellt wird, dass es sich bei den gezeigten Personen um Kinder (unter 14 Jahren) oder Jugendliche (unter 18 Jahren) handelt, ist der jeweilige Straftatbestand erfüllt.

Doch wie genau erfolgt diese Altersbestimmung in der Praxis? Welche Methoden kommen zum Einsatz? Welche Unsicherheiten bestehen? Und wie kann ein Strafverteidiger auf zweifelhafte Altersgutachten reagieren?

Dieser Artikel beleuchtet ausführlich, wie das Alter in Ermittlungsverfahren bestimmt wird, welche Fehlerquellen existieren und welche Rolle das Alter im Rahmen der Strafzumessung spielt.

Rechtlicher Hintergrund: Kinderpornografie vs. Jugendpornografie

Bevor auf die Altersbestimmung eingegangen wird, muss der rechtliche Rahmen klargestellt werden:

Kinderpornografie (§ 184b StGB)

  • Betrifft Personen unter 14 Jahren
  • Bereits der Besitz, Erwerb, Verbreitung oder Herstellung ist strafbar
  • Freiheitsstrafe von 3 Jahr bis zu 5 Jahren bei Besitz und 6 Monate bis 10 Jahre bei Verbreitung (Mindeststrafe!)

Jugendpornografie (§ 184c StGB)

  • Betrifft Personen zwischen 14 und unter 18 Jahren
  • Strafbar sind v. a. die Verbreitung, Herstellung und Besitz, aber unter etwas milderen Strafandrohungen
  • Teilweise mit Möglichkeit der Verfahrenseinstellung bei Geringfügigkeit (z. B. bei einvernehmlichen Sexting unter Jugendlichen)
  • Strafe: Geldstrafe oder Freiheitsstrafe 

Warum ist die Altersfeststellung so entscheidend?

Die Frage, ob eine abgebildete Person unter 14 oder zwischen 14 und 18 Jahren ist, entscheidet nicht nur über den Straftatbestand – also ob § 184b oder § 184c zur Anwendung kommt –, sondern beeinflusst auch:

  • die Mindeststrafe (bei § 184b zwingend Freiheitsstrafe)
  • die Möglichkeit einer Einstellung des Verfahrens
  • das Verhältnis zur Schuldfähigkeit des Beschuldigten (insbesondere bei Jugendlichen)
  • die öffentlich-rechtlichen Folgen, z. B. Eintrag ins erweiterte Führungszeugnis

Wie erfolgt die Altersbestimmung in der strafrechtlichen Praxis?

Metadaten und Dateiquellen

Die Polizei prüft in der Regel zuerst:

  • Metadaten der Dateien (z. B. Erstellungsdatum, Herkunft, Dateinamen)
  • Dateinamen mit Altersangaben (z. B. „13yo“ oder „15j”) – diese gelten als Indiz, aber nicht als Beweis!
  • Quellenangaben: Bei Dateien aus Foren oder Netzwerken wird geprüft, ob sie bekannten Straftäterarchiven zuzuordnen sind.
Polizeiliche Expertise („ersichtliches Alter“)

In vielen Ermittlungsverfahren kommt es zu einer vorschnellen Annahme, die abgebildete Person sei „ersichtlich unter 14 Jahren“. Das basiert auf:

  • äußerlichen Merkmalen (Größe, Gesicht, Körperform)
  • Kleidung oder kindlichem Verhalten

Diese subjektiven Einschätzungen sind höchst fehleranfällig und können nicht ohne Weiteres als rechtssichere Grundlage dienen.

Forensische Altersgutachten

Wenn es auf das genaue Alter der abgebildeten Person ankommt, wird häufig ein forensisches Altersgutachten in Auftrag gegeben. Hierbei werden Bilddateien anonymisiert durch Sachverständige analysiert. Dabei werden u. a. folgende Kriterien einbezogen:

  • Entwicklung der primären und sekundären Geschlechtsmerkmale
  • Zahn- und Skelettstruktur (bei Videos oder Röntgenbildern – selten)
  • Vergleich mit medizinischen und entwicklungspsychologischen Wachstumsdaten

Diese Gutachten sind nicht immer eindeutig – meist wird ein Alterskorridor (z. B. 13–16 Jahre) angegeben.

Rückgriff auf Datenbanken

Die Polizei nutzt auch internationale Datenbanken mit bereits bekannten kinderpornografischen Inhalten:

  • Interpol- und BKA-Archive mit klassifizierten Inhalten
  • Wenn eine Datei darin enthalten ist, liegt meist eine gesicherte Altersbestimmung vor

Rechtliche Bewertung bei Altersunsicherheit

Wann liegt ein „Zweifel zugunsten des Angeklagten“ vor?

Ist nicht mit Sicherheit nachweisbar, dass die Person unter 14 Jahren war, darf keine Verurteilung nach § 184b StGB erfolgen.

In der Praxis bedeutet das:

  • Im Zweifel muss die mildere Norm § 184c StGB angewendet werden.
  • In manchen Fällen kann das Verfahren sogar nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt werden.

Ein erfahrener Strafverteidiger wird daher stets das Altersgutachten anfechten, wenn Spielraum besteht.

Häufige Fehlerquellen bei der Altersbestimmung

  1. Subjektive Einschätzungen durch Polizeibeamte
  2. Fehlinterpretation von Dateinamen oder Kommentaren
  3. Unvollständige oder veraltete Gutachten
  4. Unklare Herkunft der Datei
  5. Verwechslung von fiktionalen Darstellungen (z. B. gezeichnete Manga-Inhalte) mit realen Personen

Wie sollte ein Verteidiger bei Alterszweifeln vorgehen?

Als Spezialist gehe ich so vor:

  • Akteneinsicht beantragen und sämtliche Fundstellen prüfen
  • eigene Gutachter hinzuziehen, falls Zweifel bestehen
  • die Kategorisierung durch die Ermittler hinterfragen
  • Widerspruch gegen vorschnelle Einordnungen einlegen
  • eine Verfahrenseinstellung oder Absehen von Strafe (§ 153a StPO) anregen

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