Verbreitung von Kinderpornographie in Peer-to-Peer Netzwerken / Tauschbörsen

Der Bezug von strafrechtlich relevanten Dateien, darunter insbesondere Kinderpornographie, erfolgt zunehmend über Tauschbörsen im Internet. Diese bergen aufgrund ihrer Einrichtung als Peer-to-Peer Netzwerke eine, den meisten Tätern unbekannte Gefahr dahingehend, dass der Download einer Darstellung von einer solchen Plattform nicht nur eine Strafbarkeit wegen des Besitzes nach § 184b Abs.3 StGB, sondern vielmehr auch wegen der Verbreitung von Kinderpornographie nach § 184b Abs.1 Nr.1 StGB begründet, auf welche ein erhöhtes Strafmaß von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe entfällt. 

Wir wollen deshalb nachfolgend erläutern, was hinter dem Begriff des Peer-to-Peer Netzwerks steckt, wie sich dessen technische Funktionsweise strafrechtlich auswirkt und welche Anknüpfungspunkte sich für die erfolgreiche Abwendung eines mit dem Besitz und der Verbreitung von Kinderpornographie auf einer Tauschbörse im Zusammenhang stehenden Verfahren vor diesem Hintergrund bieten.

Was sind Peer-to-Peer Netzwerke? 

Um die Funktionsweise von Peer-to-Peer Netzwerken und die mit ihnen verbundenen Besonderheiten nachvollziehen zu können, ist es sinnvoll sich zunächst anzuschauen, wie Netzwerke aufgebaut sind, die dem Standardkonzept des Client-Server-Modells folgen. 

Die Begriffe Client und Server stellen Rollenbeschreibungen dar, mittels derer innerhalb eines Netzwerks Aufgaben verteilt werden. Der Server ist dabei der Anbieter eines Netzwerkdienstes, welcher Clients, also den Rechnern der hinter ihnen stehenden User, einseitig verschiedene Dienste bereitstellt (so bspw. den Download von Daten). Er wird grundsätzlich nur passiv in Reaktion auf Anfragen der Clients tätig. Die Initiative hinsichtlich der Inanspruchnahme des jeweiligen Dienstes geht damit stetig vom Nutzer aus, die Datenübertragung verläuft dagegen nur vom Server an den Client. 

Bei Peer-to-Peer Netzwerken (kurz auch: P2P) gibt es eine solche von einem Über- und Unterordnungsverhältnis geprägte Rollenverteilung nicht. Wie bereits der Name des Modells impliziert, sind die innerhalb eines Peer-to-Peer Netzwerks kommunizierenden Rechner allesamt gleichberechtigt. Die Nutzer verfügen dementsprechend über dieselben Funktionen und nehmen gewissermaßen die Doppelstellung eines Clients und eines Servers ein. 

Um den unmittelbaren, dezentralen Datenaustausch zwischen den Nutzern zu ermöglichen, geben diese dabei bestimmte Bereiche ihrer Festplatte für den Drittzugriff auf die dort gespeicherten Daten frei. Die Datenübertragung erfolgt damit gleichzeitig in viele verschiedene Richtungen, wobei das Programm als solches den jeweiligen Datenaustausch durch Verzeichnisse oder Protokolle gewissermaßen organisiert. Das Peer-to-Peer Modell wird insbesondere von Filesharing Diensten wie Emule, Bittorrent, Gnutella oder Gnutella 2 eingesetzt. 

Über den Download der zugehörigen Software ermöglichen die Dienste es ihren Nutzern nach spezifischen Dateien zu suchen und diese anschließend zu downloaden. Wenn ein Nutzer innerhalb eines P2P Netzwerks eine Datei herunterladen will, wird seine Anfrage jedoch nicht zentral an einen Server, sondern vielmehr an alle anderen Nutzer des jeweiligen Netzwerks gesendet. 

Wird durch den anfragenden Rechner festgestellt, dass mehrere Nutzer die gesuchte Datei anbieten, wird sie über eine Direktverbindung fragmentarisch bei diesen heruntergeladen. Auf dem Rechner des anfragenden Nutzers werden die Datenbestandteile dann zu einer einheitlichen Datei zusammengesetzt. Während der Nutzer nun Zugriff auf die Datei hat, bietet er sie Dritten gleichzeitig so lange zum Download an, wie sie sich auf dem dafür freigegeben Teil seiner Festplatte befindet. So wird sichergestellt, dass auch bei Löschung der Datei vom Rechner des ursprünglichen Veröffentlichenden ein weiterer Drittbezug möglich ist. 

Wie werden Strafverfolgungsbehörden auf den Austausch strafrechtlich relevanter Darstellungen aufmerksam?  

Da die Nutzer von P2P Netzwerken mangels des Vorhandenseins eines übergeordneten Servers keine Speicherung ihrer personenbezogenen Daten befürchten müssen, haben diese in ihrer Gestalt als Tauschbörsen in den vergangenen Jahren insbesondere im Hinblick auf die Verbreitung von Kinder- und Jugendpornographie an Bedeutung gewonnen. In Reaktion auf diese Entwicklung haben sich sowohl nationale als auch internationale Strafverfolgungsbehörden näher damit befasst, wie Straftäter innerhalb von P2P Netzwerken festgestellt werden können, Vorreiter diesbezüglich ist insbesondere das FBI.  

Jedem Foto und jeder Videodatei ist ein so genannter Hashwert, also eine individuelle Zahlenabfolge zugeordnet, die sie ähnlich einem digitalen Fingerabdruck, von anderen Dateien unterscheidet und zur Filterung der zu einem eingegebenen Suchbegriff passenden Ergebnisse maßgeblich ist. Um Pädophile zu ermitteln, hat das FBI sich diesen Umstand zunutze gemacht und ca. 4 Millionen Dateien erzeugt, deren Hashwerte zwar exakt denen von bekannten kinder- und jugendpornographischen Dateien entsprechen, jedoch ohne Inhalt sind und damit keine inkriminierenden Darstellungen enthalten. Die durch das FBI auf den verschiedenen Filesharingplatformen eingestellten „Dummy-„Dateien, welche diese Intern von 1 bis 10 nach ihrer Gewichtigkeit kategorisiert, spielen dem Netzwerk bei Eingabe eines korrelierenden Suchbegriffs damit quasi vor, es handle sich um Kinderpornographie. 

Will ein Nutzer der Plattform, die vermeintliche Datei downloaden, verbindet er sich hierfür unter anderem mit dem die Fake-Datei bereitstellenden Rechner des FBI. Dieser nutzt den Moment der Kontaktherstellung, um die IP-Adresse und den Zeitstempel des anfragenden Nutzers zu verzeichnen und den Versuch des Downloads solcher als kinder- und jugendpornographisch eingestufter Dateien zu dokumentieren. 

Aufgrund dieser, dem Nutzer nachweisbaren Suchanfrage, besteht schließlich der konkrete Verdacht dahingehend, dass dieser sich die Datei von einem der anderen Nutzer des Netzwerks erfolgreich herunterladen konnte und damit über Kinderpornographie verfügt, welche er entsprechend der Funktionsweise des P2P Netzwerks nun auch automatisch anderen zum Download anbietet. 

Die durch das FBI ermittelte IP-Adresse ermöglicht es diesem schließlich, die Herkunft des Nutzers zu ermitteln und solche, nicht in ihre eigene Zuständigkeit fallenden Sachverhalte an die nationalen Strafverfolgungsbehörden weiterzureichen. Diese können auf Grundlage der durch das FBI gewonnenen Erkenntnisse, Anfragen zur Identität des Nutzers bei dessen Provider stellen und bei hinreichendem Tatverdacht schließlich die Durchsuchung der Wohnräume bzw. des Rechners des Verdächtigen anregen. 

Durch das am 03.03.2018 in Kraft getretene 57.Strafänderungsgesetz ist es den deutschen Strafverfolgungsbehörden mittlerweile außerdem erlaubt computergenierte Kinderpornographie zu Ermittlungszwecken herzustellen, als Lockangebote zu verbreiten und sich so den Zugang zu einschlägigen Tauschbörsen zu verschaffen, die oftmals von neuen Nutzern den Nachweis ihrer Vertrauenswürdigkeit dadurch verlangen, dass diese selbst kinderpornographisches Material einbringen müssen.

Über die Software „Abuse“ ermittelt die Polizei die Angebote von Kinderpornographie anlassunabhängig ferner dadurch, dass sie auf den genannten Filesharingseiten nach den Hashwerten bereits bekannter kinderpornographischer Dateien sucht, die IP-Adresse des Veröffentlichenden abspeichert, diese anschließend zurückverfolgt und damit die Identität des Nutzers in weiteren Ermittlungsschritten klärt. 

Wie kann das innerhalb der Tauschbörsen erfolgende „Filesharing“ strafrechtlich eingeordnet werden? 

Filesharing meint zunächst nur den Austausch von Dateien auf einer hierfür zur Verfügung gestellten Plattform, es wird jedoch dann zu einer Tathandlung, wenn die geteilten Darstellungen strafrechtliche Relevanz haben. 

Das Hoch- und Runterladen von Kinderpornographie in einer Tauschbörse führt so zur Verwirklichung verschiedener Tatvarianten des § 184b StGB denen entsprechend ihrer Abstufung jeweils unterschiedliche Strafandrohungen zugeordnet sind. 

Erfolgt der gezielte Upload einer kinderpornographischen Datei auf einer Filesharingplatform, liegt hierin das nach § 184b Abs.1 Nr.1 Alt.2 strafbare öffentliche Zugänglichmachen von Kinderpornographie, welches sich als Tatmodalität dadurch kennzeichnet, dass einschlägige Darstellungen Dritten auf einem beliebigen Vermittlungsweg (bspw. eben über eine Downloadplattform) zur Wahrnehmung und oder zum Download bereitgestellt werden. Gelangen die Darstellungen durch den tatsächlichen Drittzugriff in fremden Besitz liegt hierin ein Verbreiten von Kinderpornographie iSd. § 184b Abs.1 Nr.1 Alt.1. Beide Tatmodalitäten sind durch den mit ihnen verbundenen Unrechtsgehalt mit einem Strafrahmen von einem bis zehn Jahren Freiheitsstrafe bedroht. 

Durch die Eingabe eines entsprechenden Suchbegriffs und das Anklicken der Datei zum Download macht sich der anfragende Nutzer regelmäßig wegen der Beschaffung des Besitzes von Kinderpornographie nach § 184b Abs.3 Alt.2 StGB strafbar. Ist der Download erfolgreich und können auf der Festplatte des Beschuldigten einschlägige Dateien festgestellt werden ist eine Strafbarkeit wegen des Besitzes von Kinderpornographie nach § 184b Abs.3 Alt.3 StGB gegeben. Insbesondere da es zum Bezug der Daten dem aktiven Tätigwerden des Täters bedarf, wird sich der Einwand, es habe dem Täter an der erforderlichen Absicht gefehlt sich die kinderpornographischen Dateien zu verschaffen als nur wenig zielführend darstellen. Auf beide Tatmodalitäten entfällt je nach Menge und Gewichtigkeit der festgestellten Darstellungen eine Freiheitsstrafe von einem bis zu fünf Jahren.

Für die Strafbarkeit des anfragenden Nutzers gilt es jedoch ergänzend die Besonderheit von P2P Netzwerken dahingehend zu berücksichtigen, dass ihre Nutzer heruntergeladene Dateien automatisch wieder Dritten zum Download bereitstellen. Auch hierin liegt bei objektiver Betrachtung zunächst ein öffentliches Zugänglichmachen bzw. Verbreiten von Kinderpornographie. Ob der Beschuldige jedoch auch über die hinreichende Kenntnis dahingehend verfügte, dass er die kinderpornographischen Dateien durch seinen Download erneut Dritten zur Verfügung stellte, muss diesem zwingend nachgewiesen werden können. 

Fraglich erscheint dies gerade dann, wenn der Beschuldigte nicht mit der Funktionsweise eines P2P Netzwerks vertraut ist und demnach nicht über die hinreichende Kenntnis der technischen Zusammenhänge des Down- und Uploads von Dateien auf der jeweiligen Plattform verfügt. Etwaige diesbezüglich bestehende Zweifel gehen zulasten der Strafverfolgungsbehörden und stellen sich für erfahrene Strafverteidiger als wesentlicher Anknüpfungspunkt eines erfolgreichen Mandats dar. 

Kann dem Beschuldigten nicht nachgewiesen werden, dass er sich dem erneuten Angebot der kinderpornographischen Dateien auf der Plattform bewusst war, verbleibt es im Übrigen bei einer Strafbarkeit wegen des Besitzes von Kinderpornographie. 

Eine umfassende Auseinandersetzung mit den technischen Besonderheiten der jeweiligen Plattform auf derer der inkriminierende Datenaustausch stattgefunden hat stellt hinsichtlich solcher Taten nach den § 184b StGB damit den Grundbaustein einer erfolgreichen Verteidigung dar. 

Von immenser Bedeutung ist außerdem die zeitige Benachrichtigung eines erfahrenen Strafverteidigers. Gerade dann, wenn den durch die Strafverfolgungsbehörden eingeleiteten Ermittlungen mit einem geschulten Auge hinreichenden souverän begegnet wird, können verheerende Fehler nämlich gezielt vermieden und das Verfahren mitunter bereits in seinen Anfängen abgewendet werden. 

Wir sind uns der stigmatisierende Wirkung, die das Bekanntwerden von Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung Minderjähriger auf das private und berufliche Umfeld von Beschuldigten haben kann, äußerst bewusst. Es ist uns gerade deshalb ein Anliegen ihr Verfahren mit größtmöglicher Diskretion zu behandeln, die Eröffnung einer Strafverhandlung gegen Sie gänzlich zu verhindern oder jedenfalls die Öffentlichkeit von einer solchen auszuschließen und damit den negativen Einfluss des Verfahrens auf ihre Leben möglichst gering zu halten. 

Wir, die Kanzlei Louis & Michaelis, setzten ein besonderes Augenmerk darauf Ihnen im Rahmen des gesamten Verfahrens Sicherheit und auch Klarheit darüber zu vermitteln, wie mit dieser Ausnahmesituation bestmöglich umgegangen werden kann. 

Im Rahmen unserer langwierigen, deutschlandweiten Tätigkeit als Strafverteidiger auf dem Gebiet des Sexualstrafrechts haben wir uns ein umfangreiches Fachwissen angeeignet welches wir gezielt einsetzen, um in Ihrem Verfahren das bestmögliche Ergebnis zu erreichen. Seit 2005 sind wir Ihre Experten im Bereich der Verteidigung von Kinderpornographie.